Deutschland
Das Weinland Deutschland
Auch wenn es das Römische Reich war, dass Weinanbau und Kelterung nach Germanien brachte, dauerte es bis zur mittelalterlichen Warmzeit, bis der Weinanbau in Deutschland eine größere Bedeutung erlangte. Die römischen Eliten tranken nämlich lieber ihren aus dem Süden mitgebrachten als den germanischen Wein. In der warmen Phase des Mittelalters gediehen die Reben in Deutschland sehr gut, sodass gerade in der Nähe von Städten Weingärten entstanden. Dies hatte pragmatische Gründe, denn Wein war durch seinen Alkoholgehalt sauberer und keimärmer als Wasser. Vor allem die Klöster spielten im Mittelalter eine entscheidende Rolle für die Weiterentwicklung des deutschen Weinanbaus. Hildegard von Bingen, die berühmte Äbtissin und Universalgelehrte des Mittelalters hielt im 12. Jahrhundert in einer ihren Schriften fest: „Der Wein – maßvoll genossen – heilt und erfreut den Menschen zutiefst durch seine große Kraft und Wärme“.
Im Kloster Disibodenberg durchlief Hildegard von Bingen ihre Ausbildung und verfasste ihr berühmtes theologisches Werk „Scivias“. Der Disibodenberg und seine Klosterruine war im Besitz der Familie von Racknitz und wurde in eine Stiftung überführt. Luise von Racknitz leitet diese Stiftung und kümmert sich heute noch rührig um dieses bedeutende Vermächtnis. Als Önologin bewies sie auch großes Geschick in Weingärten und Keller am Disibodenberg. Leider hat sie diesen Beruf vor einigen Jahren aus privaten Gründen an den Nagel gehängt, aber es schlummern noch großartige, perfekt gereifte Rieslingschätze aus den Jahrgängen 2006 bis 2015 in ihren Kellern, die sie uns zur Vermarktung überlässt.
Ähnlich wie bei Luise von Racknitz dreht sich im Rheingauer VdP-Weingut Hamm in Oestrich—Winkel alles um die Königin der deutschen Rebsorten, die Rieslingtraube. Auch mit Tradition und Geschichte kann das barocke Patrizierhaus mit seinem Kreuzgewölbekeller dienen. Karl-Heinz Hamm hat das Weingut schon vor Jahren zu einem biologischen Musterbetrieb gemacht. Dass er mittlerweile seiner Tochter Aurelia die Leitung des Betriebes anvertraute, hat der Qualität noch einmal einen ordentlichen Schub beschert.
Im Wonnegau im südlichen Rheinhessen ist die Familie Gutzler zuhause. Das Weingut ist ebenfalls biologisch zertifiziert sowie Mitglied im Verband deutscher Prädikatsweingüter (VdP). Bereits Michaels Vater Gerhard hatte eine gute Hand für Spätburgunder und auch die allerbesten Weingärten dazu. Diese sind völlig zurecht als VDP.Grosse Lagen klassifiziert und die Weine daraus zählen zu den besten Spätburgundern des Landes. Neben feinen und sortentypischen Weißweinen widmen sich die Gutzlers auch um weinbauliche Geschichte, indem sie die historischen Rebsorten Fränkischer Burgunder und Blauer Arbst wieder anpflanzten. Die ersten Weine aus diesen Weingärten versprechen viel und sollte man unbedingt probieren.
Auch wenn Eva Clüsserath nur einen Steinwurf von Gutzlers entfernt, in Westhofen lebt, so liegt unsere vinophile Verbindung dennoch an der Mosel, in Trittenheim. Sie stammt von dort und keltert im elterlichen Betrieb hervorragende Lagenrieslinge.
An der Obermosel, dort wo die Mosel die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg markiert, wächst vor allem die historische Rebsorte Elbling, die vermutlich sogar schon von den Römern gepflanzt wurde. Sie eignet sich ausgezeichnet zur Produktion von exzellenten Schaumweinen, wie das Weingut Dostert mit seinen handgerüttelten, im traditionellen Flaschengärverfahren hergestellten Sekten, Jahrgang für Jahrgang, beweist. Da braucht man sich vor der nur 200 km Richtung Westen entfernten, namenhaften Konkurrenz nicht verstecken.
König Ludwig I. von Bayern machten zumindest zwei Dinge sympathisch: Zum einen, dass ihn die Liebe zur Tänzerin Lola Montez die Krone kostete und zum anderen, dass er von seiner Pfalz – ja, die Pfalz war damals Teil von Bayern – als deutsche Toskana schwärmte. Auch wenn die Pfalz seit 1946 nicht mehr Teil von Bayern ist, sind uns die Weine von dort immer noch wichtig. Mit dem Weingut Schmitt in Bad Dürkheim und der Winzerin Katrin Wind aus Arzheim bei Landau haben wir sowohl im Bereich Mittelhardt/Deutsche Weinstraße als auch im Bereich der Südlichen Weinstraße zwei ausgezeichnete Repräsentant*innen der Region im Programm.
„Badischer Wein – von der Sonne verwöhnt“. Seit 60 Jahren steht dieser Slogan für das wärmste deutsche Weinanbaugebiet und hat sich deshalb regelrecht ins Gedächtnis gebrannt. Der Klimawandel und mit ihm einhergehend Wassermangel, Starkwetterereignisse und Hitze, sprich zu viel Sonne, haben nun auch diesem Relikt der Werbung zumindest offiziell den Gar ausgemacht. Ohnehin wäre es besser, mehr in Bioweinbau und landwirtschaftliche Resilienz als in Werbung zu investieren. Unsere Biobetriebe, das Weingut Kopp in der Ortenau und Philipp Rieger im Markgräflerland leben es vor.
Unweit von Heidelberg im Kraichgau ist Simona Maier zuhause. Die ehemalige badische Weinprinzessin wäre für uns längst eine wahre und würdige deutsche Weinkönigin. Die Chancen ihrer Wahl sind leider gering, da wie so viele überfällige Erneuerungen und Veränderungen an dem Starrsinn alter weißer Männer scheitern. Die Winzermeisterin Simona Maier ist aber nicht nur eine außergewöhnliche Persönlichkeit, sondern versteht ihr Handwerk aufs Beste. Die Namen ihrer Weine sind Programm: Rote, Bunte oder Rosa Liebe!
Last but not least richten wir den Blick nach Unterfranken im nördlichen Bayern. Hier thront über Würzburg das VdP-Weingut am Stein von Ludwig und Sandra Knoll. Ihre präzisen Lagenwein sind eine helle Freude! Der Escherndorfer Lump ist eine der bekanntesten und besten Weinlagen in Franken. Woher der Name stammt, ist unklar, so darf man es sich aussuchen: Entweder weil die dort Schuftenden fluchten, tranken und lästerten, solche bezeichnete man damals als Lumpen, oder ganz profan, weil sie in geflickter Kleidung im Steilhang arbeiteten. Jedenfalls ist der VdP-Winzer Michael Fröhlich einer der bekannten Protagonisten des Ortes Escherndorf und dieser berühmten Lage.
Dieser Text endet dort, wo er begann, im Mittelalter. Das Schloss Grumbach in Rimpar wurde im 11. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Es war damals im Besitz der edelfreien Herren von Grumbach, die 1243 ganz unaufgeregt, mangels männlicher Thronfolger, ausstarben. Unweit des Schlosses pflegt Franziska Schömig ebenfalls ziemlich unaufgeregt ihre Reben. Die junge Biowinzerin produziert in ihrem Einfraubetrieb großartige Weine, sodass ihr guter Ruf möglicherweise den der „Edelfreien“ überdauern wird.
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